Die POC

Die Pocket Opera Company (kurz: POC) wurde als hochmotiviertes, internationales Ensemble um den Dirigenten David Seaman und den Regisseur Peter B. Wyrsch im Jahre 1974 als opernstudio nürnberg e.V. gegründet und ist damit Deutschlands ältestes freies Musiktheater: frech, spritzig, englisch angehaucht und professionell. Von der „Soap-Opera“-Travestie in den Anfangsjahren („Die Großherzogin von Gerolstein“, „Die Geierwally“, „Der Vampyr“) über die Bearbeitungen der „Großen Oper“ („Der Ring“) bis zu minimalistischen High-Tech-Musikstücken, bewegt die POC sich immer zwischen den Genres, bricht Grenzen auf und hat ihre eigene Ausdrucksform geschaffen: die POCKET OPERA.

Die bürgerliche Oper des letzten Jahrhunderts in ihren grotesken Ausuferungen stand auf dem Prüfstand der Pocket Opera, so u.a. “La Gioconda” von Ponchielli, “Semiramide” von Rossini, “Lucrezia Borgia” von Donizetti bis hin zur Wiederentdeckung von Georg Antheil.

Theaterproduktionen wie der seit mehr als 10 Jahren gespielte „Ring“ nach Richard Wagners Tetralogie für einen Abend, mit dem die Truppe beim renommierten Covent-Garden-Opera-Festival in London gastierte oder zeitgenössische Kammeropern als Auftragswerke bestimmen das Programm.

Die POC erarbeitet Produktionen, geht auf den jeweiligen Spielort ein und hat schon den ein oder anderen Star geboren. Die POC ist aktuell, am Puls der Zeit, dem Zauber der Oper verfallen und immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten. Die POC geht offenen, neugierigen Auges durch die Welt der Musik und die Bilder des Theaters.

Zuhause auf den Bühnen und bei Festivals in Europa und Übersee  (2003 Gastspiel in New York in der Alliance Francaise), ebenso wie an allen denkbaren und undenkbaren Spielorten.

Die POC war Mitinitiator der Veranstaltungsreihe „6-Tage-Oper – ein Marathon zugunsten der zeitgenössischen Oper“ im Großraum Nürnberg.

Kooperation mit dem Stadttheater Fürth, Theater im Pfalzbau Ludwigshafen, Rossini Festival Wildbad, OFF TAT Frankfurt, Kammeroperfestival Velbert, Dehnberger Hoftheater, Dresdner Zentrum für zeitgenössische Musik, der Oper Leipzig, Opera Lyon, Mousonturm Frankfurt, Bayerischer Rundfunk u.a. immer mehr spielt sich der Gedanke in den Vordergrund, die POC als Teil der Small Scale Opera Bewegung in Europa zu begreifen. Mitbegründer des E.C.O.P. (European Chamber Opera Pool) mit Sitz in Gent.

Mehr als zwölf Komponisten (u.a. Franz Hummel, Shih, Andrea Molino, Alessandro Melchiorre, Peter Kiesewetter) haben für die Pocket Opera geschrieben oder haben mit ihr zusammengearbeitet (u.a. Heiner Goebbels 2000).

Vor allem Zeitthemen wurden dabei aufgegriffen, die unsere Gesellschaft beschäftigen und deshalb auch keine “akademische” Bearbeitung vertragen, u.a. die Werbung Oliviero Toscanis (“the smiling carcass. the opera” UA 18.4.1999), der Autismus als Gesellschaftskrankheit, die Mobilität und deren Stressfaktor (“Gib mir die Kugel wieder” UA 20.3.96), Moratorium gegen die Todesstrafe (“Those Who Speak in a Faint Voice” UA 2002).

Immer wieder ging die Pocket Opera damit in ungewöhnliche Austragungsorte, wie in ein Ausbesserungswerk der Bahn, einen ehemaligen Flugzeughangar (“unreported.inbound. palermo” UA 18.2.97), ein Einkaufszentrum, die Schalterhalle einer Bank, die Turbinenhalle eines Kraftwerkes (2003). Die Neugierde des Publikums überwand dabei oft die sonst übliche Schranke der Neuen Musik.

Viele Sänger haben zusammen mit den Dirigenten David Seaman, Andrea Molino und zuletzt mit Franz Killer  und dem Regisseur Peter B. Wyrsch die ungewöhnliche Arbeit der Pocket Opera geprägt, allen voran der Wagnersänger Wolfgang Schmidt, wie auch Jennifer Rhys-Davies, Elizabeth Kingdon oder David Moss.

Seit dem Jahr 2003 verfolgt die Pocket-Opera Company Nürnberg, durch die Gegenüberstellung barocker Opern mit zeitgenössischer Musik, neue Spannungselemente in der musiktheatralischen Konzeption.
So entstanden aus zum Teil längst vergessenen oder selten aufgeführten aristokratischen Werken des 17.Jahrhunderts, zeitgemässe Stoffe, verbunden mit der Klangwelt des 20. und 21.Jahrhunderts.
Natürlich tragen auch hier die Spielorte (Heizkraftwerk Franken, Müllschwelanlage Fürth, Schwarzachklamm bei Schwarzenbruck oder zuletzt die Radrennbahn Katzwang) zur Schärfung der Stoffe bei, wobei manche Stücke sogar im Hinblick auf die einzelnen Spielorte entstanden:
Dazu zählen
– POC Barock 1, ein Pasticcio aus Barockarien und experimenteller Vokalakrobatik in Science-Fiction Kostümen. (2003)
– Orlando von G.F.Händel, dargestellt zwischen gigantischen Schaufelrädern der Turbinenhalle des E.on Kraftwerks in Nürnberg. (2003)
– One charming night, eine Gegenüberstellung bzw. Verbindung zweier Opern. Purcells „The fairy Queen“ mit Sylvano Bussottis „La passion selon Sade“ in der Müllschwelbrandanlage in Fürth. (2004)
– Und schließlich die Barockoper von J.B.Lully, dem Haus- und Hofkomponisten des Sonnenkönigs Ludwig XIV., die nach einem mehrhundertjährigen Dornröschenschlaf durch die POC zu neuem Leben erweckt wurde und die in der Kombination mit der Musik Moondogs und Texten Doris Dörries eine nie gehörte Brillanz und Aktualität erlebte. (2005)
Im August 2007 übernahm Franz Killer, der als musikalischer Leiter seit 2003 die neue Barockprogrammatik in der Pocket Opera eingeführt hatte, zusätzlich die künstlerische Leitung. Peter Beat Wyrsch verabschiedete sich nach 33 Jahren in dieser Funktion von der Pocket Opera Company Nürnberg. Er wurde als künstlerischer Direktor an das Städtebundtheater Biel / Solothurn in der Schweiz berufen.